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Kirkö
Mosse??
In der abgeschiedenen Stille weiter Wälder
in Schwedens südlichem Småland nahe Ryd befindet sich ein
Autofriedhof. Hier ruhen verwunschene Schönheiten: VOLVO, Morris,
Opel, …!
Wer dieses Kleinod finden will, muss suchen.
Nur ein kleines und unscheinbares, handgemaltes Holzschild weist an
der Landstraße kurz vor Ryd mit dem Hinweis: „Hier betrittst
Du heiliges Land“, auf die versinkenden Schätze hin. Der
Besuch wird für den Interessierten eine Huldigung des Schrotts.
Verrostete Felgen und abgefahrene Reifen weisen
stillschweigend den Weg. Aus dem Nebeldunst des Waldes erscheint bald
das erste Autowrack, moosbegrünt, halb eingesunken im Morast,
wie gestrandete Wale, oder Skelette von Dinosauriern, liegen die Autowracks
zwischen Bäumen und Sträuchern.
Etwa 150 Autos aus vergangenen Zeiten mit weichen
geschwungenen Formen - die meisten sind aus den 40er und 50er Jahren
- ruhen hier. Langsam, ganz langsam verrotten sie, gehen Holz, Blech
und Polster in Auflösung über. Die Natur zeigt unnachgiebig
ihre stille Stärke. Unendlich langsam breitet sich Moos aus,
wachsen Pilze, wo vorher Gummi, Chrom und Lack war. Bäume und
Sträucher wachsen aus so manchem Motorraum, aus zerborstenen
Scheiben. 444 und Duett aus den ersten Baujahren (!), Saab, Käfer,
Morris, Opel und viele andere einstige Schönheiten versinken
ganz langsam im Morast.
Das älteste Autowrack ist ein Scania von
1933, seine Dienste verrichtete dieser einst als Steintransporter.
Der Besucher steht bald vor den Resten eines
Holzhauses, vor Åke Danielsons Schrotthandel. Ursprünglich
war Åke Torfgräber, er arbeitete seit Mitte der 30er Jahre
allein im Moor. Torf graben war harte körperliche Arbeit. Geschnitten
in Blöcke und in der Sonne getrocknet, wurde Torf vorwiegend
als Brennstoff verkauft. Um seinen kargen Verdienst etwas aufzubessern,
begann Åke den Handel mit Autoschrott. Er kaufte alte Autos,
baute die noch brauchbaren Teile aus, verkaufte sie, führte selbst
kleine Reparaturen aus. 1960 kam das endgültige Aus für
die Torfgräberei - Åke widmete sich seitdem ausschließlich
dem Schrotthandel und den Reparaturen.
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In dem kleinen roten Haus mit nur 12 m²
Fläche lebte Åke, zusammen mit seinen Autowracks, bis 1992
allein im Wald, dann zog er in ein Pflegeheim nach Ryd, wo er seinen
Lebensabend leider ohne die geliebten Pretiosen verbrachte, bis er
im Winter 2000 verstarb.
Was nun tun mit der Hinterlassenschaft des einsamen Schrotthändlers?
Ökologische Zeitbombe – oder touristische Attraktion? In
diesem Spektrum bewegten sich die Diskussionen engagierter Persönlichkeiten
der Kommune Ryd seit dem Jahr 1992. Die Vertreter sehr unterschiedlicher
Interessen verstritten sich im Laufe der Zeit immer tiefer. Erst im
Jahr 2001 beschloss dann die übergeordnete Kommunalverwaltung
Tingsryd den Bestand des Autofriedhofes für weitere 49 Jahre.
So können die rostenden Überreste längst
vergangener Zeiten nun in Skovens schlammiger Stille ruhen. Der Besucher
kann sich der Faszination, die sie ausüben, nicht entziehen,
er wird förmlich überrumpelt vom Schrottfeld in der beschaulichen
Ruhe des üppigen Waldes. In dieser Landschaft wirken die sezierten
Fremdkörper in absonderlicher Weise natürlich. Hier abgestellte
ehemals automobile Schönheiten, wirken in ihrer Hinfälligkeit
eigentlich traurig, aber auch stolz. Sie wirken auch noch selbstbewusst
in ihrer versinkenden Vergänglichkeit.
Der Besucher kann für den Erhalt von Kirkö
Mosse einen freiwilligen Obolus im (natürlich unverschlossenen)
„Tresor“ hinterlegen, sich im Gästebuch verewigen.
Die Aufforderung dazu ist sehr liebevoll formuliert, ihr sich zu entziehen
ist bei den stimmungsschweren Eindrücken nahezu unmöglich.
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